Text: Gerd Baumer Bilder: Christoph Breithaupt
„Sport trifft Wirtschaft“ beim KFV: Ortenauer Spitzensportler, Autor Thomas Kastler und Sportler-Betreuer zu Gast im KFV-Vereinsheim bei Präsident Claus Haberecht.
Freie Plätze gab es schon noch im KfV-Vereinsheim am vergangenen Montag, als Präsident Claus Haberecht Vereinsmitglieder, interessierte Bürger, unter ihnen Ex-OB Toni Vetrano, begrüßen konnte. Einige ehemalige Ortenauer Spitzensportler waren geladen unter dem Titel: „Sport trifft Wirtschaft“, ein Veranstaltungsformat, welches Haberecht 2016 ins Leben gerufen hat. Neben Bundesligaspieler Rainer Schütterle aus Kehl, Paralympics-Sieger und Weltmeister im Schwimmen Holger Kimmig aus Kork und Bundesligaspieler Martin Wagner aus Offenburg konnte Claus Haberecht den Buchautor und Sportredakteur der Mittelbadischen Presse Thomas Kastler, Rainer Dehmelt, ehemaliger FIFA-Linienrichter und Bürgermeister von Hügelsheim, „Doc“ Helmut Renner, Facharzt für Chirurgie und Arthroskopie, sowie Matthias Trautmann, Orthopädiemeister aus Urloffen, begrüßen.
Diese Konstellation versprach einen bunten Strauß von Themen rund um den Sport und das erforderliche Sponsoring für die Spitzensportförderung. Thomas Kastler berichtete aus seinem Buch „Blut am Saxophon“ über den Fußballkollegen von Rainer Schütterle, Edgar Schmidt, der mit seinem Porsche mit 170 km/h über einen Streifenwagen der Polizei flog, unverletzt blieb, aber aufgrund der Schmerzen am ganzen Körper nicht mehr aus Schütterles PKW kam, als er ihn danach zum Training mitnahm.
„Uhlgraben-Gesetze“
Über Martin Wagner wusste Kastler, „dass er alle Gesetze des Offenburger Uhlgrabens kannte, die am schmalen Nadelöhr unter der Eisenbahnbrücke herrschten“. Nach einer Prügelei landete Wagner im Jugendarrest, wo ihm klar wurde: „Ich will eine Fußballkariere anstreben“. Nach den Spielen des OFV musste Martin Wagner mit seinem Vater das Stadion aufräumen und entrümpeln. Kastler bezeichnete Wagner daher als Flaschensammler, der zum Millionär wurde.
Bundesligaspieler Rainer Schütterle erzählte auf Nachfrage von Claus Haberecht von seinem Vereinswechsel zwischen Karlsruhe und dem VfB Stuttgart. Der räumliche Wechsel von Baden nach Württemberg hatte auch etwas mit einem wöchentlichen Treffen in Kehl zu tun, wo sich der damalige Trainer Roland Schmidt mit seinen Ehemaligen traf. In Stuttgart wurde Schütterle zum U-21-Nationalspieler. Danach zog es ihn zum MSV Duisburg für eine Ablösesumme von 1,5 Millionen DM. Duisburgs damaliger Trainer Ewald Lienen bestand auf mindestens sechs Lactattests, bevor er aufgenommen wurde. Schütterle hatte danach Zwischenstationen in SV Ried/Österreich und bei Fortuna Köln, bevor er wieder nach Karlsruhe zurückkam als Amateurspieler.
Martin Wagner, dessen Vater Platzwart im Karl-Heitz-Stadion des Offenburger Fußballvereins war und mit seiner Familie gegenüber dem Stadion wohnte, begann mit fünf Jahren Fußball zu spielen. Er sah Bora Markovic dribbeln und war restlos begeistert von ihm. Als Wagner beim OFV einmal einen Elfmeter verschossen hatte, wurde er danach in den Bach geworfen, erzählte er.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Martin Wagner sich fest vorgenommen hatte, seine Ausbildung zum Gas-Wasser-Installateur zu absolvieren, bevor er zum 1. FC Nürnberg wechselte. Wagner berichtete, dass bei den Vertragsverhandlungen in einem Hotel der damalige Präsident des 1. FC Nürnberg Bernhard Schmelzer 25.000 DM bar aus der Brusttasche zog, nachdem dieser zunächst nicht auf Wagners Forderungen eingegangen war.
Thomas Kastler führte ein, dass der 13. Juni 1986 ein Schicksalstag für Holger Kimmig war. Er wurde an diesem Tag in einen Fahrradunfall verwickelt, der sein Leben total umkrempelte. Er wachte in einer Straßburger Klinik auf und sein erster Gedanke war, kann ich jemals wieder Fußball spielen? Kimmig rechtes Bein musste amputiert werden und das linke Bein war aufgrund der Deformation nur noch um fünfzig Prozent zu beugen. Kimmig fragte sich, wie wird die Reha ausgehen mit einer Prothese am rechten Bein sowie einer Orthese für das versteifte linke Knie.
Neuen Sport gesucht
Doch knapp ein Jahr später, im Frühsommer 1987, kehrte Holger Kimmig wieder in den Schulalltag zurück. Trotz der schweren Behinderung war für Kimmig klar, dass er wieder Sport machen muss. Holger Kimmigs Nachbar Rolf Anspach machte ihm das Schwimmen schmackhaft und nachdem es in der Behindertensportgruppe Kehl nur ältere Mitbürger gab, wechselte Holger Kimmig zur Behindertensportgruppe Offenburg (BSG), wo mit Mario Kofler ebenfalls ein jugendlicher Behinderter schwamm. Der damalige Offenburger Bademeister Klaus Schwarze übernahm das Schwimmtraining mit der Behindertensportgruppe Offenburg und so konnte Holger Kimmig hart an seinen Schwimmfähigkeiten arbeiten und verbesserte sich stetig.
Bei den Olympiaden in Barcelona und Atlanta und auch bei zwei Weltmeisterschaften holte Holger Kimmig insgesamt 15 Medaillen und wurde vom Bundespräsidenten mit dem silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet. Nach seiner Motivation befragt antwortete er, dass dies nur der Kombination von Freunden, insbesonders Mario Kofler, und einer sehr starken Eigenmotivation zu verdanken sei.
Ex-FIFA-Linienrichter Rainer Dehmelt kam über den SV Sasbach und SV Oberachern zur Schiedsrichterausbildung. Er gehörte zu den ersten sieben von der UEFA ausgebildeten Linienrichtern und wurde 1996 Bürgermeister von Hügelsheim. Seine „Politisierung“ hätten Franz-Josef Strauß und Wolfgang Schäuble verursacht, die er durch den Sport traf, so Dehmelt.
„Doc“ Helmut Renner, in der Chirurgie und Arthroskopie zu Hause, war neben seiner beruflichen Tätigkeit Mannschaftsarzt von 1860 München, des TV Schutterwald/Willstätt und den Volleyballerinnen des VC Offenburg und später des KFV. Er berichtete über seine Erfolge als Mannschaftsarzt – und dass für ihn immer der Mensch im Mittelpunkt gestanden habe und weniger der Sportler.
Füße sind die Basis
Matthias Trautmann hat seit 30 Jahren Spitzensportler in seinem Urloffener Orthopädiegeschäft auf dem Laufband, wie Monika Szeles oder jüngst Joshua Kimmich vom FC Bayern München. Trautmanns Rezept „Der schiefe Turm von Pisa“, gründet auf Fehlstellungen, die vom Fußgelenk ausgehend über das Knie in die Hüfte und dann in den Rücken übertragen werden. Daher muss die Statik von unten stimmen. Auch Trautmann sieht die Menschen im Mittelpunkt und weniger den Sportstar.
KFV-Präsident Haberecht kündigte zum Abschluss die Fortsetzung der Reihe mit dem Thema „Fairness“ an.