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Die Fußballverbände im Land sprechen sich für den Abbruch der aktuellen Spielzeit bei den Amateuren aus. Dafür gibt es Kritik vom Kehler FV – man sieht sich „einer Chance beraubt“. Was sagen die anderen Klubs?
Der drohende Abbruch der Amateurligen ist bitter für den Kehler FV. Schließlich hatte sich der KFV in der Verbandsliga Süd noch berechtigte Aufstiegshoffnungen gemacht. Doch jetzt scheint sich in den Verbandsgremien eine deutliche Mehrheit für den Saisonabbruch abzuzeichnen.
Kritik vom KFV
„Wir sind nicht davon überzeugt, dass dies der richtige Weg ist“, sagt KFV-Sportvorstand Timo Allgeier und verweist auf den Weg, den Bayern gegangen ist. Dort wird die Spielzeit in den Amateurligen nicht abgebrochen, sondern fortgesetzt – frühestens ab dem 1. September. Diese Option gibt es auch für Baden-Württemberg, auch wenn diese derzeit wenig wahrscheinlich ist.
„Wir sind einer Chance beraubt worden“, sagt denn auch KFV-Präsident Claus Haberecht. Der Ärger ist ihm anzumerken. Aber noch mehr würde er sich ärgern, betont er, wenn dieses Jahr gar nicht mehr um Punkte gekickt werden könnte: „Wenn es ein Jahr lang keinen Spielbetrieb mehr gibt, hätte dies gravierende Auswirkungen auf den Kinder- und Jugendbereich“, warnt er. Die Gefahr bestünde, dass der Nachwuchs die Motivation verliert oder sich anderen Sportarten zuwendet, so Haberecht.
Seit Mitte März ruht die Fußballsaison bei den Amateuren. Es herrschte lange ein Spiel- und Trainingsverbot. Letzteres ist inzwischen – gegen Auflagen – aufgehoben worden.
Fehlende Einnahmen
Der KFV-Präsident hält die Wiederaufnahme des Spielbetriebs für machbar – unter Auflagen. Im Gegensatz zu den Profiligen kommen zu den Heimspielen in der Verbands- oder Landesliga „einige 100 Zuschauer“, die sich im weiten Rund im Freien aufhalten, erklärt er. Bei Einhaltung der entsprechenden Abstandsregeln und anderer Maßnahmen wäre dies zu bewerkstelligen. Haberecht verweist auf die fehlenden Einnahmen der Amateurvereine. Für den KFV gehe es noch nicht um die Existenz, aber die wirtschaftlichen Auswirkungen durch Corona sei auch in den Klassen unterhalb der drei Profiligen erheblich. Bei den Amateurvereinen seien die Zuschauereinnahmen ein wesentlicher Faktor. „Gerade die Monate April bis Juni sind sehr umsatzstark.“ Hinzu kommt beim KFV noch der Wegfall von größeren Veranstaltungen wie der Elsass-Spring-Cup.
Französische Spieler sind zuhause
Große Sorgen machen sich KFV-Trainer Frank Berger und Sportvorstand Timo Allgeier um die französischen Spieler, die sich seit Wochen nicht außer Haus bewegen durften. Die verordnete Grenzschließung trifft den KFV besonders hart: Fast 80 Sportler des Vereins, unter anderem aus den Bereichen Fußball, Leichtathletik, Trendsport und Inliner, kommen aus Frankreich.
Das meinen die anderen Kehler Klubs
Bei den anderen Klubs in Kehl stößt der drohende Saisonabbruch größtenteils auf Verständnis: Für Andreas Weiß, Vorsitzender des SV Kork, ist dies „die einzige Option“. „Aufgrund der enormen hygienischen Anforderungen kann ich mir nicht vorstellen, dass dieses Jahr überhaupt noch ein Spielbetrieb in den unteren Ligen stattfinden kann.“
Ralf Kraemer, Vorstand Sport der SpVgg Kehl-Sundheim, steht ebenfalls hinter der Entscheidung der drei Verbände, „da wir nicht wissen, wann es in unseren Ligen hätte weitergehen können“; außerdem gehe es um die Gesundheit aller Beteiligter. „Natürlich ist es auch für uns eine Katastrophe: Als Zweiter (Kreisliga B, Staffel 1, Anm. d. Red.) bleibt dir nichts mehr, aber besser wir legen im September wieder mit der neuen Runde los, als uns später vielleicht Vorwürfe machen zu müssen, zu früh wieder begonnen zu haben.“ Auch für Göran Richter, Vorstand des SV Neumühl, ist der Saisonabbruch die beste Lösung, selbst wenn es manche „Härtefälle“ gebe.
Es darf wieder trainiert werden – gegen Auflagen
Übrigens: Seit Anfang der Woche können die Klubs wieder kicken, seither ist der Sport- und Trainingsbetrieb im Land wieder erlaubt – unter strengen Auflagen. Zunächst soll die Erste Mannschaft des KFV ins Training einsteigen. Trainiert werden muss dabei in Kleingruppen. Es sind maximal fünf Sportler pro 1000 Quadratmeter Fläche erlaubt – und auch der Mindestabstand von anderthalb Metern muss eingehalten werden. Zudem muss dokumentiert werden, wer am Training teilgenommen hat. KFV-Präsident Haberecht wünscht allen, die jetzt trainieren, „keine Angst, sondern Achtsamkeit.“
Hintergrund:
Saisonabbruch der Fußball-Amateure?
Der Südbadische Fußballverband (SBFV) hat am Dienstag in einer Pressemitteilung bekanntgegeben, wie es in den Amateurligen in Baden-Württemberg weitergeht:
- Sollte die Spielzeit der Amateure bis zum 30. Juni nicht beendet werden können, was de facto der Fall ist, sieht der SBFV– ebenso wie der Badische und Württembergische Fußballverband – nur noch zwei Optionen.
- Option Saisonabbruch: Dafür sprechen sich die Verbandsgremien aus.
- Die Alternative: Fortsetzung der Saison über den 30. Juni hinaus – frühestens ab dem 1. September.
- Über den Aufstieg entscheidet ein Quotient (die Punktzahl wird dabei durch die Anzahl der absolvierten Spiele geteilt).
- Es gibt einen Aufsteiger, aber keine Absteiger.
- Das letzte Wort haben Delegierte auf einem Verbandstag am 20. Juni. „Damit werden auf jeden Fall die Vereine in den Entscheidungsprozess mit eingebunden“, erklärt KFV-Präsident Claus Haberecht.
- Angestrebt wird von allen drei Verbänden in Baden-Württemberg eine landesweit einheitliche Regelung.