„Das andere Interview“ mit unserem Präsidenten Claus Haberecht.
© Mittelbadische Presse / Gerd Birsner Bilder: ©Gerd Birsner / Privat
mit freundlicher Genehmigung des Autors
Früh Babbelwasser getrunken und intensiv sozial engagiert: Der pensionierte Dezernent und KFV-Präsident ist ein hyperaktiver „Claus-Dampf in allen Gassen“.
Dass er etwas anders geraten ist als viele andere seiner Generation, beweist das „C“ anstatt des hierzulande üblichen „K“. Und warum sich dieser Claus mit „C“ schreibt, hat einen amüsanten und durchaus nachvollziehbaren Grund: Eigentlich hatten seine Eltern eine Claudia gewollt und auch mit einer Tochter gerechnet.
Was dann aber bei der Geburt Ende November 1952 in Gengenbach ans Licht der Welt kam, war kein Mädel – und somit auch keine Claudia. Und so ist das „C“ ein klitzekleiner Überrest vom Kinderwunsch seiner Eltern. Und wenn man dann schon mal ein Claus ist, der sich mit „C“ schreibt, ist das „etwas Anders-Sein“ sozusagen schon mit in die Wiege gelegt.
Sein meistens unter Dampf stehender, Pfeife und Zigarre rauchender und hochgradig musikalischer Papa ist bei uns in Bodersweier in bester Erinnerung geblieben, denn eben dieser Claus hätte mit Papas Hilfe Vorlage sein können für einen Hit von Marius Müller-Westernhagen.
Papa war Vivilaner
„Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“ hatte der 1978 gesungen, während der Haberecht bereits in der alten Schule neben der Kirche in der Korker Straße bei unserer Lehrerin Frau Goebel in der vierten Klasse unser leibhaftiger Vivil-Automat war. Und das war kein Zufall – schließlich arbeitete sein Herr Papa, der respektable Herr Haberecht, in der großen Kreisstadt Offenburg als Vivilaner.
Und der kleine Claus? Der hatte es beileibe nicht nötig, sich mittels Pfefferminzbonbons Anerkennung zu erkaufen. Er wurde auch ohne Bestechungs-Vivil und ohne seinen beinah schon rechthaberischen Nachnamen bei Frau Goebel zum Klassensprecher gewählt. „E großi Gosch (also rhetorisches Talent) und Durchsetzungsvermögen hatte ich damals schon.“ Auf „Ich habe recht“ hatte er jedoch selten bestanden, er war und ist also beileibe kein Haberecht. Er heißt halt bloß so.
Und heute? Seit noch nicht mal zwei Monaten hat er nun die Sieben vor dem Alter. Ruhestand? Von wegen. Einer wie er doch nicht. Hyper-Aktivität. Man weiß: Aufgrund sportlicher Lage vom KFV-Ehrenpräsidenten zurück zum (Normal-)Präsidenten, wo er über bessere KFV-Zeiten sinniert und das alte Trainer-Schlitzohr Bora Markovic reaktiviert.
Chef von „Rheinkultur“
Was aber nicht jeder weiß, ist, dass sein Papa ihn zum Musizieren bringen wollte. „War aber nix mit Instrument erlernen.“ Eher ließ – und lässt – er Musik machen. Seit 2000 ist der ehemalige Kehler Stadtjugendring-Chef Vorsitzender des Kulturvereins „Rheinkultur“. Er hatte uns jungen Musikfreaks mit dem Duft der großen weiten Musik-Welt konfrontiert, hatte uns gezeigt, wie man Blues, Reggae oder geile Rockkonzerte veranstaltet, und er hatte Bands wie „Ten Years After“ oder Kleinkunst wie Mathias Richling nach Kehl geholt und andere Hochkaräter der Kulturszene um sich geschart.
Vorher hatte er auch bereits geschart: „Ich war in der Jungschar der evangelischen Kirche, mit 17 war ich in Kork unter Pfarrer Boldt und später dann unter Degenhart Jungschar-Leiter der progressiven evangelischen Jugend. Damit hatten meine ehrenamtlichen Tätigkeiten eigentlich angefangen.“ Ein guter Start. „Aber ich bin eher da reingedrängt worden, weil ich halt immer schon eine große Klappe hatte.“
Nicht nur das. Claus Haberecht hat auch einen langen Atem, was er nicht nur ‘78 als Dritter der Baden-Württembergischen Meisterschaften im 5000-Meter-Lauf unter Beweis stellte.
„Ich war in Wyhl dabei, auf dem sozialistischen Jugendfestival in Dortmund, auf dem alternativen Bauernhof in der Südpfalz. Ich hatte viele gute Begegnungen.“
Nicht nur mit seinem Solex und seinem Intensivkumpel Frank Wickers. „Mit dem habe ich mir Albert Camus und er sich Hermann Hesse reingezogen. Das war ne wunderschöne Zeit, die Zeit zum Aufbruch – und im Nachhinein gesehen wohl auch eine wichtige Weichenstellung in meinem Leben.“
„Die klerikalen Wurzeln und mein Aufmüpfig-Sein als Student der Geodäsie mit dem Schwerpunkt Städtebau und einem Studium Raum- und Regionalplanung an der Hochschule in Brugg und Zürich haben mich geprägt, vor allem das damalige Motto ,Global denken, lokal handeln‘ – heute sagt man eher ,regional handeln‘ – hat mich bis heute beeindruckt und meinen Lebensweg mitgestaltet.“
Dieser Lebensweg hat ihn weit über den Hanauer Tellerrand hinweg sehen lassen. In den frühen 80er-Jahren war er in Zimbabwe, Indonesien und Sri Lanka unterwegs, um den Menschen dort mit Hilfe zur Selbsthilfe zu einem besseren Leben zu verhelfen.
Dritte-Welt-Arbeitskreis
In jenen Jahren war der Haberecht Leiter des Dritte-Welt Arbeitskreises in Kehl, aktiv bei „Brot für die Welt“ und Vorstand im Dachverband des DEAB, dem Dachverband entwicklungspolitischer Aktionsgruppen in Baden-Württemberg. „Hat viel Spaß gemacht.“
Sohn Frieder (40) hat die Haberecht-Gene voll abbekommen. Ihn zieht es – wie einst den Papa – nebst Gattin Myriam gen Afrika. Sie wird bald in Kenia für die WHO arbeiten.
Und jetzt, auf die alten Tage? „Meine beiden Enkel Jonathan (4) und Rosalie (7) sind mein Lebenselixier. Mit denen gehe ich gern nach Bermersbach zu der von ihnen auf ,Anna‘ getauften Ziege.“ Deren Patenschaft hatte er zum 70. Geburtstag von ehemaligen Mitarbeitern geschenkt bekommen – etwa weil er da zu viel herumgemeckert hat?
Und wenn die Enkel dann in Kürze in Nairobi sind, schüttelt den alten Haberecht mal wieder das lebenselixiereske Reisefieber. „Im März werden Heidi (seine Gattin) und ich sie dort besuchen…“